Tausche Schreibtisch gegen Schaltkasten
Unsere Projektassistentin Anita Gygax durfte unseren IGT-Spezialisten mal über die Schultern blicken und für einen Tag ihren Schreibtisch gegen den Schaltkasten tauschen - wenn auch nur mit der nötigen Sicherheitsdistanz.
Im Blogbeitrag berichtet sie über ihre Eindrücke und beschreibt, wozu ein Integraler Test überhaupt da ist und was alles dahintersteckt.
20.03.2024
Was genau ist ein integraler Test oder kurz IGT? Man kann sich das vorstellen, wie ein gründlicher Gesundheitscheck beim Menschen.
Die integralen Tests in Gebäuden sind übergeordnete beziehungsweise ganzheitliche Tests. Sie sollen sicherstellen, dass die Anlagen im Normal- sowie im Ereignisfall zuverlässig funktionieren. Die integralen Tests umfassen die Notstrom- und USV-Anlagen, Haustechniksysteme, Gebäudeautomationssysteme und Gefahrenmeldesysteme.
Ziel der integralen Tests ist, dass die Gesamtfunktionen aller Gewerkgruppen getestet und protokollarisch festgehalten werden. Im Anschluss an den IGT gilt es, die erkannten Mängel zu beheben.
Integraler Test in Thörishaus
Als wir nach der Znüni-Pause in Richtung Thörishaus aufbrechen, verstehe ich all die Aufregung um den heutigen integralen Test (IGT) noch nicht so richtig. Auf dem Weg versorgen mich meine Arbeitskollegen René und Oliver zu den wichtigsten Randbedingungen des Projekts unseres Kunden Bavarian Nordic Berna GmbH. René ist sehr zuversichtlich, dass der Test erfolgreich ausgehen wird, da er am Vortag auf der Steuerung bereits alles simuliert hat. Falls dem doch nicht so ist, wird er ganz sicher immerhin lehrreich sein. Einzig der gute alte Dieselgenerator, der die Energie im Notstrombetrieb liefern soll, macht ihm ein wenig Bauchweh.
Dort angekommen, begehen wir vorab alle Ebenen des einen Produktionsgebäudes: Zuunterst Ebene 1 mit den riesigen Dampfkesseln, Druckluft und Kältespeicher, dann die Technikebene 4 mit all den Verteilschränken und kilometerweise Kabel und schlussendlich das Dach mit den Monoblöcken, die Bestandteile der aufwendigen Lüftungsanlagen sind. Auch hier geben sich René und Oliver alle Mühe, mir die Funktionen von USV, Notstrom, Lastmanagement, Leistungsschaltern etc. verständlich zu erklären.
13.00 Uhr: Etwa 25 involvierte Personen versammeln sich vor dem Eingang und werden von René über den genauen Ablauf des IGT instruiert: Bauherr, Elektriker, Automatiker und auch Nutzer aus der Produktion. Jeder weiss nun, welchen Platz er einzunehmen hat und was er zu tun hat.
Genau um 13.35 Uhr wird René langsam nervös, denn pünktlich um 13.36 Uhr kommt von ihm das Kommando «ABWURF», was bedeutet, dass der gut gekleidete Mitarbeiter der Firma Gfeller Elektro AG mit speziellem für diese Tätigkeit erforderlichen Zertifikat den Schalter zweier Trafos umlegt… Beide Produktionsgebäude werden dadurch vom Normalstromnetz getrennt und komplett stromlos geschaltet. Und der gute alte Dieselgenerator nimmt sofort seinen Betrieb auf womit jetzt auch klar ist, warum zuvor alle mit einem Set Ohrenstöpsel ausgerüstet wurden. In diesem Moment zahlt sich der enorme Aufwand für diesen Test schon aus, denn das Lastmanagement wartet vergeblich auf die Rückmeldung des Dieselgenerators, welches fälschlicherweise mit dem zweiten Dieselgenerator verbunden ist, der während des Tests still vor sich her schlummert…. Dank des Einsatzes des Mitarbeiters von SVA Automation ist der IGT aber dadurch nicht gefährdet und er kann durch den richtigen Handgriff vom laufenden Generator abrufen. Die allerwichtigsten Anlagen werden im Ernstfall ohne nur den geringsten Stromunterbruch von einer mit Batterien betriebenen USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung) gespiesen.
Nun bleibt eine Stunde Zeit, um alle notwendigen elektrischen Messungen an den Anlagen vorzunehmen. Für mich Zeit genug für einen kurzen WC-Besuch, den ich dank der im ganzen Gebäude funktionierenden Notbeleuchtung nicht im Dunkeln absolvieren muss. Unterwegs lasse ich noch ein paar ausgesperrte Labormitarbeitende herein…. wie ich später erfahre, noch ein Grund, warum sich der Test gelohnt hat: Die Zutrittskontrolle wäre also auch noch an die Notstromversorgung anzuschliessen….
Um 14.45 Uhr wird vom Not- wieder auf Normalstrombetrieb umgeschaltet. Um 16.00 Uhr kommt von allen die Rückmeldung, dass die Anlagen wieder normal laufen. Somit konnte der IGT planmässig und pünktlich abgeschlossen werden.
Erfolgreich oder lehrreich?
Definitiv beides. Erfolgreich, weil der Test plangemäss durchgeführt werden konnte und die Anlagen so versorgt wurden, wie sie es im Ernstfall (ausgelöst z.B. durch einen Blitzeinschlag, ein Blackout, Kurzschluss oder Netzschwankungen) sollten. Lehrreich, weil Dank des Tests ein paar Mängel aufgedeckt werden konnten, die es nun zu beheben gilt.
Für mich geht ein spannender, mal etwas anderer Arbeitstag zu Ende – für alle anderen Beteiligten geht es nun darum, die Erkenntnisse aus dem durchgeführten IGT zu ziehen, weiter zu planen, zu optimieren und umzusetzen…. und anschliessend wieder zu testen!